Mitten im Pazifik: Palau eine Schatzkammer der Natur

„Na endlich!“ ist ganz häufig bei uns in der Redaktion die Reaktion, wenn die UNESCO „dann mal doch“ die Gegenden zum Weltnaturerbe der Erde erklärt, bei deren Erstbesuch uns schon rätselhaft war, warum sie nicht längst zu den unter besonderem Schutz stehenden Regionen gehören. Mit der Aufnahme der südlichen Lagune der Rock Islands in Palau ist dem Komitee unserer Meinung nach mal wieder ein echter Volltreffer gelungen.

Bereits im Jahr 2004 hatte ich im Rahmen eines Tauchurlaubes die Gelegenheit, diese von Menschenhand nahezu unberührt erscheinenden, pilzköpfigen Miniinseln inmitten der türkis-grün-blauen Lagunen zu bewundern. Die 100.200 Hektar umfassende Gegend vulkanischen Ursprungs ist übersät mit etwa 445 Inseln aus Kalkstein, die sich unter der Wasseroberfläche zu einer komplexen Riffstruktur entwickelt haben, Heimat von mehr als 500 Korallenarten, 1.400 Fischarten sowie 300 Arten maritimer Schwämme. Als wäre das allein nicht schon Grund genug für die Ernennung, fühlen sich in der Gegend auch Dugongs und 13 verschiedene Haiarten wohl – die 200-Meilenzone von Palau wurde im September 2009 zum weltweit ersten Haischutzgebiet erklärt – und es gibt hier die höchste Konzentration an Brackwasser-Seen mit zum Teil einzigartigen Bewohnern wie zum Beispiel den weltbekannten, tentakellosen Quallen im Ongeim‘l Tketau, wie der Quallensee in der lokalen Sprache genannt wird.

Palau eine Schatzkammer der Natur

Urlauber auf Palau können den ungefährlichen Quallen beim Schnorcheln ganz nahe kommen. © Christoph Hoppe

Paradies für Forscher und Biologen

Für Forscher und Meeresbiologen sind die Rock Islands ein Paradies, das immer neue Überraschungen bereithält. So wurden 2008 während Filmaufnahmen für den BBC-Dreiteiler „Pacific Abyss“ in Palau sage und schreibe 13 neue FischARTEN gefunden, darunter einige Damselfischarten, sowie Barsche, Korallenwächter und Schmetterlingsfische.

Oberhalb der Wasseroberfläche fühlen sich endemische Vogelarten und Pflanzenarten wohl und taucht man mit einem Kayak in die Lagunenwelt ein, fühlt man sich oft wie der erste oder auch einzige Mensch auf dem Planeten.

Flora auf Palau

Auf Palau findet man vor allem tropische Wälder und Mangrovenwälder, aber auch seltene Orchideenarten. © Judith Hoppe

Bedrohtes Paradies

Mit der Ernennung zum UNESCO Weltnaturerbe hat Palau einen Schritt in die richtige Richtung getan. Denn das Paradies ist bedroht. Von ausländischen Fischfangflotten, die immer wieder ein begehrliches Auge auf den Fischreichtum des Archipels werfen, vom Plastikmüll der Weltmeere, der an den südlichen Inseln durch den Pazifikstrom an die Strände gespült wird und nicht zuletzt durch den steigenden Meeresspiegel infolge des Klimawandels.

Die Auswirkungen des Verschmutzung der Meere sind auch in Palau spürbar. © Judith Hoppe

Dabei hat Palau den Herausforderungen aus eigener Kraft wenig entgegenzusetzen. Zu wenig fruchtbar ist die Erde hier für eine nachhaltige Landwirtschaft, die irgendwann einmal Exporte erzielen könnte, zu gering die Rohstoffvorkommen. Größte Einnahmequellen für das Land sind die Überweisungen der in den USA lebenden und arbeitenden Palauer sowie Auslandshilfen und zunehmend die Einnahmen aus dem Tourismus. Da ist es nur konsequent, das zu schützen, weswegen die Gäste hierher reisen.

Allheilmittel Hai?

Mark Meekan vom Australischen Institut für Meereswissenschaften erstellte 2011 dazu eine Studie. Und fand heraus, dass in Palau ein einzelner Hai in der Tourismusbranche im Schnitt jährlich 179.000 US$ an Einnahmen erzielt. Während der gesamten durchschnittlichen Lebenszeit eines Hais ergibt das die stattliche Summe von 1,9 Millionen US$.

Die zahlreichen Taucher, für die Palau längst schon kein Geheimtipp mehr ist, interessieren die Zahlen herzlich wenig. Sie kommen hierher, weil die Unterwasserplätze regelmäßig unter die besten zehn der weltweiten Tauchspots gewählt werden – und weil man hier bei fast jedem Tauchgang die eleganten Jäger der Weltmeere bewundern kann. Und das ganz ohne Käfig, Schutzanzug oder Sorge haben zu müssen, einer Haiattacke zum Opfer zu fallen. Die Riffhaie von Palau sind bekannt für ihre Passivität und stoische Ruhe, mit der sie den seltsamen, neoprengekleideten Wesen begegnen, die für kurze Zeit in ihre Welt eintauchen.

„Die Haie und wir Palauer sind uns ziemlich ähnlich. Wir sind beide sehr friedliebend und gehen Konflikten möglichst aus dem Weg,“ erklärt mir die Tauchlehrerin lächelnd, die uns beim Tauchgang am Blue Corner, dem legendären Starkströmungsspot, an dem die Haie täglich jagen gehen, begleitet. Dann hüpft sie leichtfüßig vom Boot ins Wasser und entschwindet in die blaue, stille Tiefe des pazifischen Ozeans.

Ich schaue ihr noch einen Moment hinterher, bevor ich mich ebenfalls ins Wasser gleiten lasse und hoffe, dass sich dieses kleine Stück Paradies seine friedfertige und naturschützende Haltung noch lange bewahren kann…

Informationen über Palau:

Fremdenverkehrsamt

Reiseführer Palau, 3. Auflage

Reiseführer Palau
Autoren: Judith & Christoph Hoppe
Verlag: BOD
Preis: 15,90 €
ISBN 978-3-7392-2501-2

Reiseführer Palau

Anbieter vor Ort

Paddling Palau
Kayaktouren & Camping Safaris
www.paddlingpalau.net

Sam‘s Tours
Tauchen, Landausflüge, Kayaktouren
www.samstours.com

Anreise

China Airlines
Ab Frankfurt via Taiwan nach Palau, Stopver möglich
www.china-airlines.de

Text: jb