Wieviel Namibia-Abenteuer suchen Sie?
Manchmal kommt man als Bewohner Namibias aus dem Staunen nicht heraus, mit welchen Fahrzeugen sich Besucher des Landes in die abgelegendsten Gebiete wagen. Das Tollkühnste muss ein VW City Golf-Mietwagen gewesen sein – schwer beladen mit vier Erwachsenen und vollem Gepäck – unterwegs im tiefsten Busch von Kaokoland, irgendwo zwischen Opuwo und den Epupa Fällen des Kunene Flusses. Abgesehen davon, dass es den Vertragskonditionen namibischer Fahrzeugvermieter widerspricht, ist es einfach purer Leichtsinn, so etwas zu tun, selbst in den regenlosen Wintermonaten im südlichen Afrika.
Vor allem Besucher aus dem mit Autobahnen übersäten Europa tun sich bei der Planung ihrer ersten Selbstfahrerreise durch Namibia oft schwer, wenn es um die Wahl des richtigen Mietfahrzeuges geht. Mancher findet sicherlich die Ratschläge aus Reiseführern und selbst die von Ortsansässigen eher irritierend bis widersprüchlich.
Tatsache ist, dass Sie bei jeder gängigen Rundreise-Route mehr auf Schotterstrassen unterwegs sein werden, als auf Teerstrassen, es sei denn, sie planen Ihre Route und Besichtigungen rund um die relativ wenigen geteerten Überlandstrecken – und nehmen in Kauf, viele der schönsten Ecken Namibias zu verpassen.
Aber welche Art von Fahrzeug ist denn nun die richtige?
Diese Frage lässt sich nur für die abgelegenen Regionen im Nordwesten, Nordosten und im tiefen Süden des Landes eindeutig beantworten:
Wer die dünn besiedelten und nur mit karger Infrastruktur versehenen Bereiche der Kunene Region (Damaraland & Kaokoveld) sowie das Buschmannland-Gebiet der Otjozondjupa Region und das Umfeld des Gariep Flusses im Grenzgebiet zu Südafrika besucht, für den kommt zu jeder Jahreszeit nur ein vollwertiges Allradfahrzeug infrage – Punkt. Kein 4×4 für den spielerischen Hausgebrauch, sondern etwas Handfestes!
Dies ist nicht nur seitens der Vermieterfirmen Vorschrift, sondern ist bei den vorherrschenden Straßenverhältnissen einfach sinnvoll, weil es auch der Fahrsicherheit dient. Je mehr Bodenfreiheit und Chassislänge das Fahrzeug hat, umso besser. Tiefer, loser Sand und nicht oder nur selten instandgehaltene Schotterpisten bergen oftmals unangenehme Überraschungen in Form von ausgewaschenen Rinnen, knochenhartem Wellblech, herausragenden Felsbrocken und ähnlichem. Von laufenden Rivieren (Flussbetten saisonaler Wasserläufe „auf gut namibisch“) und von knietief aufgeweichten Pisten nach den Regenfällen der Sommersaison ganz zu schweigen. Auch werden die Fahrzeuginsassen für die härtere Federung eines Allradfahrzeuges dankbar sein, insbesondere Reisende mit Rückenbeschwerden.
Als Besitzer eines Allradwagens möchte ich auf seinen Komfort auf Touren auch in andere Landesteile nicht mehr verzichten und nehme den Mehrverbrauch an Treibstoff gerne in Kauf – endlich muss kein Gedanke mehr daran verschwendet werden, in welche Himmelsrichtung es mich verschlägt, und ob mein Auto steile Bergpässe und die Zufahrtswege abgelegener Farmhäuser bewältigt, ohne anschließend werkstattreif zu sein. Und endlich kann ich unterwegs beim Fahren auf Schotterpisten auch selbst etwas von den schönen Landschaften Namibias genießen, anstatt ständig nach selbst der kleinsten „natürlichen Falle“ Ausschau halten zu müssen. So wird sogar jeder dienstliche Reisetag fast zum Urlaub.
Ein spezieller Tipp für selbstfahrende Damen: Wenn Sie nicht gerade in die entlegendsten Wildnisgebiete Namibias reisen möchten, sind die luxuriöseren 4×4-Varianten von Toyota geradezu ideale „Frauenautos“. Die Reichweite von deren Tankfüllung ist für längere Buschtrips zwar etwas knapp ausgefallen, aber Tankstellen gibt es fast überall im Abstand von ca. 300 Kilometern und falls ausnahmsweise nicht, muss eben ein Reservekanister für den nötigen Nachschub sorgen. Eine hervorragende Servolenkung und allgemein gute Manövrierfähigkeit machen diese 4×4’s auch in Stadtgebieten so bequem hantierbar wie gewöhnliche PKWs. Die Geländeleistungen stehen denen vergleichbarer Fahrzeugmarken in nichts nach, auch wenn sicherlich nicht für die gleichen Dauerbelastungen konzipiert, denen die Arbeitspferde unter den Allradfahrzeugen, wie z. B. Land Rover und Land Cruiser, gerecht werden.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihr Miet-4×4 in Namibia genügend Platz für Mitreisende und Gepäck bieten wird, schauen Sie sich das Fahrzeug doch einfach vorher bei einer heimischen Autovermietung oder beim Markenhändler an – die Modelle sind international die gleichen, und landesspezifische Anpassungen betreffen fast ausschließlich andere Anforderungen an die Technik sowie natürlich auch für den Linksverkehr in Namibia.
Falls Sie bei der Wahl eines Allradfahrzeuges zögern, weil Sie mit der Hantierung der speziellen Technik für Geländefahrten in Low- und High-Range nicht vertraut sind, erwartet Sie Unterstützung vor Ort in Namibia. Neben der ohnehin üblichen Einweisung durch den Autovermieter, besteht bei diversen Gästeunterkünften in der Umgebung von Windhoek die Möglichkeit, sich auf deren Farmwegen einzufahren und Rat zu holen, bevor es auf Rundreise geht – Anfrage genügt.
Ohnehin empfiehlt sich, nach Ankunft in Namibia ein oder zwei Tage Pause einzulegen, um sich zu akklimatisieren und ausgeruht an die vielen Erlebnisse heranzugehen, die Sie in den kommenden Tagen oder Wochen mit Sicherheit erwarten werden.
Für das Reisen in den übrigen Landesteilen, in denen gewöhnlich die meiste Zeit eines Namibia-Urlaubs verbracht wird, reicht ein herkömmlicher Pkw aus. Hierbei ist lediglich zu bedenken, dass Sie vorwiegend auf ausgebauten Schotterpisten unterwegs sein werden, die in Jahren mit ausgiebigen Sommerregenfällen ebensolchen Beschädigungen ausgesetzt sind, wie die in reinen 4×4-Gebieten. Ferner sollte in Ihre Fahrzeugwahl einbezogen werden, wieviel Zeit sie mit der Erkundung von Nebenstrecken zu verbringen beabsichtigen, und ob Sie z. B. Wüstengebiete unter eigener Regie besuchen möchten anstatt geführte Ausflüge per Allradfahrzeug in Anspruch zu nehmen.
Ihre Vorhaben in dieser Hinsicht, und natürlich die Reisezeit, könnten wiederum die Anmietung eines Allradfahrzeuges empfehlenswert machen.
Auch bei der Wahl eines Pkws sollten Sie in jedem Fall auf gute Bodenfreiheit und geeignete Straßenlage achten. Von rein für Teerstraßen und Stadtfahrten konzipierten Automodellen ist bei längeren Überlandreisen abzuraten, ebenso von denen, die für ihre Kopflastigkeit bekannt sind. Bitte bedenken Sie auch, dass Ihnen viele Pferdestärken bei den bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzungen weder auf Schotterpisten (100 km/h) noch auf Teerstraßen (120 km/h) etwas nützen, sehr viel dagegen Robustheit, Leistungsfähigkeit in puncto Kraft, reichlich Stauraum und eine Klimaanlage gegen die Wärme und das Eindringen von Staub. Gut eignen sich Kleinbus-Typen, diverse Bakkie-Modelle – außerhalb unserer Region als Pick-Up Trucks bekannt – und ähnliches, das anderorts eher als Nutzfahrzeug betrachtet wird. Ebenfalls gute Erfahrungen wurden in Namibia mit den klassischen Familien-Pkws von Volkswagen und Toyota gemacht.
Selbstverständlich sind auch Luxus-Fahrzeuge bekannter Hersteller im Angebot, die sich wegen ihrer Geräumigkeit besonders für überdurchschnittlich große Fahrer und Passagiere eignen.
Grundlegend gilt jedoch für Namibia: Je weniger Elektronik am Auto umso besser!
Dies hat nicht nur mit den Straßenverhältnissen und den unvermeidbaren Einflüssen vom allgegenwärtigen Sand und Staub zu tun, sondern auch damit, dass Werkstätten in ländlichen Gebieten nicht für das Reparieren komplizierter, computer-programmierbarer Elektronik eingerichtet sind.
Bitte machen Sie Ihre Fahrzeugwahl nicht ausschließlich von den Kosten abhängig. Sicherheitsüberlegungen, Ihre Bequemlichkeitsbedürfnisse auf Langstreckenfahrten, und die Anforderungen Ihrer Reiseroute sind mindestens ebenso wichtige Faktoren, die es in einem weiten, urwüchsigen afrikanischen Land wie Namibia zu berücksichtigen gilt.
Für das Planen Ihres Urlaubs stehen Ihnen zahlreiche Fachunternehmen in Namibia gerne mit professionellem Rat auch bei der Fahrzeugwahl zur Verfügung – und mit tatkräftiger Hilfe, sollten unterwegs unerwartet Schwierigkeiten auftreten.
Wir alle möchten, dass Sie erholt und voller positiver Eindrücke den Heimweg antreten und dieses faszinierende Land im Südwesten Afrikas gerne wieder besuchen. Gute Pad!
Text: Inge Ohm