Durbach: Nostalgische Tour durch das Grenzgebiet mit Dean
Eine auf Hochglanz polierte, cremefarbene, schnittige Karosse erwartet mich vor dem Hotel in Durbach, das Holzlenkrad blitzt verführerisch in der Sonne, der strahlend blaue Himmel über dem Grenzgebiet Baden-Vogesen-Elsass verheißt einen wunderschönen Tag – mein Date mit Dean könnte nicht besser beginnen.
Mit Dean bereit zur Abfahrt
Nostalgie-Gefühl
Nostalgie pur: Unterwegs im Porsche 356 Speedster Replica
Dean ist übrigens ein Porsche 356 Speedster Replica, Baujahr 1966, und gehört für heute mir. Ok, ich muss ihn noch mit meinem Mann teilen, aber ich denke, unsere kleine „Menage à trois“ wird gut ausgehen. Von Durbach aus nehmen wir Kurs auf Südwesten. Die vom Hotel Ritter Durbach, Verleiher von Oldtimer Dean und seiner Kollegin Helene, ein MG TD Roadster, ausgearbeitete Tour „Beidseits des Rheins“ wird uns etwa 220 Kilometer lang durch eine der wahrscheinlich schönsten und zu Unrecht touristisch wenig beachteten Region Deutschlands und Frankreichs führen.
Die Old Timer Collection im Ritter Durbach
Die Weinlese hat begonnen
Herbst – Zeit der Weinlese
Es ist Herbst, die Weinlese rund um Durbach hat bereits begonnen, das Wetter jedoch ist noch auf Spätsommer eingestellt. Kein frühmorgendlicher Nebel, der sanft die Weinberge einhüllt, keine Frost verheißende, kühle Abende, keine Gewitterwolken weit und breit. Statt dessen strahlen uns bunte Blumenrabatte von den Straßenrändern an – hier scheint jede Häuseransammlung beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ auf den ersten Platz aus zu sein – es liegt ein letzter Hauch von Schwüle in der Luft. Die noch nicht abgeernteten Weintrauben saugen gierig die letzten, warmen Sonnenstrahlen auf und lassen die Öchslegrade noch einmal nach oben schießen.
Deans Verdeck ist natürlich zurückgeklappt, ungehindert dringt das Röhren des unter der Karosse verborgenen Käfermotors mit 84 PS an unsere Ohren und der Fahrtwind weht uns um die Nase. Nach leichten, anfänglichen Schwierigkeiten, die sehr eng beieinander liegenden Gänge in den Griff zu bekommen, freunden Dean und ich uns rasch an und schon bald cruisen wir in gemächlichem Tempo durch die wunderschöne, hügelige Landschaft des Schwarzwaldes dahin mit Kurs auf Frankreich. Ganz klar: Hier ist der Weg das Ziel! Vor allem das begeisterte, wenn auch ein wenig neidvolle Grinsen der Passanten am Wegesrand – insbesondere der männlichen Bevölkerung – hebt die Laune der Insassen von Dean ungemein. Schon nach kurzer Zeit weicht uns ein Dauergrinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Bei gelegentlichen Stopps, um Fotos zu machen oder einfach die Landschaft zu genießen, werden wir immer wieder auf das Sahneschnittchen angesprochen, verwegene Mountainbiker bieten uns sogar schelmisch einen Tausch der fahrbaren Untersätze an. Pah! Für heute sind Dean und ich unzertrennlich!
Bilderbuchdörfer im Elsass
Die Dörfer legen viel Wert auf ihre Blumendekoration
Das vom Hotel Ritter Durbach ausgearbeitete Roadbook geizt nicht mit zahlreichen Tipps zu Besichtigungen und Einkehrpausen. Da die automobile Stilikone der 1950er Jahre ob ihres Alters selbstverständlich nicht mit einem Navigationsgerät ausgestattet ist, sind die Fahranweisungen äußerst detailliert verfasst, ein Verfahren somit nahezu unmöglich, auch in Frankreich. Aber hey, selbst wenn: Die grobe Richtung nach Deutschland ist überall ausgeschildert und es gäbe sicherlich Schlimmeres, als eine Nacht mit Dean im Elsass verbringen zu müssen, sollten wir vom Weg abkommen und es zu spät für die Rückkehr nach Durbach werden.
An der deutsch-französischen Grenze folgen wir der Empfehlung des Roadbooks und beobachten fasziniert, wie die Schleusenfunktion die großen Frachtschiffe auf dem Rhein vom tieferen ins höhere Fahrwasser manövriert und umgekehrt.
Bilderbuchdörfer & gute Küche
Hinter der Grenze melden sich allmählich unsere Mägen und fordern lautstark Beachtung – die haben bestimmt mitbekommen, dass wir mitten durch‘s Schlaraffenland fahren. Sauerkraut, hausgemachte Würste, cremiger Käse, spritzige und fruchtige Weißweine, und natürlich die berühmten Flammkuchen, mal traditionell mit Speck, Zwiebeln und Sauerrahm belegt, mal kreativ-innovativ mit Schnecken – hier kommt jedes Schleckermaul auf seine Kosten.
In Ribeauvillé an der elsässischen Weinstraße machen wir eine Pause, schlendern durch die historische Altstadt mit den renovierten und liebevoll geschmückten Fachwerkfassaden. Durch die Fußgängerzone zieht ein verführerischer Duft nach frischen Flammkuchen. Wir suchen uns ein ansprechendes Lokal und genießen die einfache, aber äußerst schmackhafte Küche.
Weiter geht es durch entzückende Bilderbuchdörfer mit fröhlichen Blumendekorationen, die auf den „Concours des villes et villages fleuris“ – zu deutsch Wettbewerb der blumengeschmückten Städte und Ortschaften – zurückgehen. Dieser wurde Ende der 1960er Jahre in Frankreich ins Leben gerufen, um die Gemeinden zur Entwicklung ihrer Grünflächen anzuregen. Mittlerweile werden etwa 4.000 Gemeinden mit dem Symbol ausgezeichnet und erhalten das Recht, am Ortseingang das Schild „Villages fleuris“ anzubringen; wobei die höchste Auszeichnung vier Blumen beträgt.
Ausklang des Wochenendes in Durbach
Abends lassen wir den schönen Tag in der alten holzvertäfelten Ritter Stube bei traditionell badisch-elsässischer Küche in gemütlicher Atmosphäre ausklingen. Küchenchef Markus Rothweiler und sein Team kümmern sich um unser Wohlergehen, werfen dafür regionale Schmankerln aus Baden und dem Elsass in den Ring, flankiert von den hervorragenden Weinen, die die Region zu bieten hat. Den Auftakt macht ein herbstlicher Salat mit mariniertem Kaninchenrücken und Dörrobst, gefolgt von einem Mistkratzerle (Brathühnchen) auf Steinpilztagliatelle mit Vanille-Möhrchen und zum krönenden Abschluss ein Schwarzwälder Kirsch „Ritter Durbach“. Beim passenden Wein können wir uns nicht entscheiden, lassen uns vom Sommelier gerne fachkundig beraten. „Sie haben doch noch einen Tag. Besuchen Sie morgen das Weinfest in Durbach. Da können Sie nach Herzenslust weitere Köstlichkeiten der Region probieren.“
Schade nur, dass Dean wahrscheinlich für morgen schon andere Pläne hat…
„Mistkratzerle“ auf Steinpilztagliatelle
Die Küche im Grenzgebiet Schwarzwald – Elsass ist hervorragend