Ach Du dickes Ei! Zu Besuch auf der Straußenfarm Artestruz Mallorca
Es sind zwar noch immer etwas über 700 Kilometer bis zum nächstgelegenen Abschnitt der nordafrikanischen Küste. Aber bei warmen Temperaturen, einem meist ungehinderten Blick ins steppenartige Umland der Straußenfarm Artestruz und angesichts dieses seltsam anmutigen Tieres namens „Struthio camelus“, könnte man durchaus den Eindruck gewinnen, zu weit geflogen und auf unserem südlichen Nachbarkontinent gelandet zu sein…
Aber nein, wir sind noch immer auf Mallorca, es wird spanisch und englisch gesprochen und das einzig wirklich afrikanische hier, 7 km oder rund 10 min Fahrtzeit südlich der mallorquinischen Ortschaft Campos gelegen, ist der „Afrikanische Strauß“, bei uns auch manchmal „Vogelstrauß“ genannt – der größte lebende Vogel der Erde.
Der Strauß – ein imposantes Tier
Wir sind auf einer Farm, was bedeutet man lebt nicht nur mit den Federtieren als Attraktion für Besucher, sondern auch von den Vögeln selbst, als Lieferanten von Federn, Fleisch und Leder. Die riesigen Eier zählen absolut gesehen zu den größten ihrer Art der Welt, in Relation zur Körpergröße des ausgewachsenen Tiers sind sie jedoch die kleinsten. Wer hätte das gedacht? Ein einzelnes wird nämlich bis zu 2 Kg schwer und verfügt über einen Durchmesser von 15 cm – das entspricht rund 24 Hühnereiern! Es liegt auf der Hand, dass sie überwiegend leer, also ausgeblasen, als Kunstwerk, nicht Nahrungsmittel, verkauft werden, so wie sie eben sind oder artistisch verziert.
Auf der Straußenfarm Artestruz wird man freundlich begrüßt, jeder entrichtet seinen Obolus, dann beginnt eine kurze Führung über das Anwesen, natürlich gibt es Ansagen zu „Dos & Don’ts“ und schon ist man wieder frei in der Bewegung. Freier jedenfalls als die gefiederten Gesellen jenseits der Koppelbegrenzung. Die ausgesprochen neugierigen Tiere sind ganz schön imposant!
Ewig hungrig oder gierig?
Die mit schwarzen Deckfedern versehenen Männchen des Straußes sind bis zu 2,5 Meter hoch und wiegen rund 135 Kilogramm. Die braun gefiederten Weibchen sind unwesentlich kleiner und mindestens ebenso neugierig. Und beide scheinen immer hungrig. Oder nur gierig? Besucher der Laufvögel jedenfalls dürfen, sollen füttern! Es gibt für jeden leihweise passende Schutzhandschuhe, um die rasch heran nahenden Vögel aus der Hand zu füttern. Die völlig „rücksichtslos“ mit Wucht aus der hohlen Hand des Menschen klauben, was auch immer sich darin befindet. Vorwiegend fressen sie Körner, Gräser, Kräuter, Blätter, Blüten und Früchte. Eine solche Zusammenstellung kann man zusätzlich erwerben, dann steht nichts mehr zwischen Begegnung und Berührung zweier Zweibeiner, die unterschiedlicher nicht sein können.
Was auffällt ist zunächst die schiere Größe der Schreitvögel, die in freier Natur mit ihren schweren und scharfen Krallen Mensch und Löwe töten können. Man spürt ihre Wucht. Wir Menschen sind geneigt, Stimmungen im Gesicht unseres Gegenüber abzulesen. Beim Vogelstrauß ist das schwierig – er wirkt eigentlich immer irgendwie genervt. Und/oder überheblich. Grundlos, will ich meinen, immerhin brachte ich Futter mit zu Besuch! Dann, ganz aus der Nähe, fallen die riesigen, dunklen Augen auf. Denn die haben einen Durchmesser von 5 (!) Zentimetern und sind die größten aller Landwirbeltiere! Mal dreht das Tier den Kopf nach links, dann nach rechts oder umgekehrt und betrachtet, quasi zum Abschluss, mit beiden, wer da Gräser und Getreide bringt. Zwar streiten die Vögel auch gerne um meine Dreingaben, dabei rascheln die Gefieder dezent huldvoll, ansonsten bleibt es still, erstaunlich ruhig.
Straußenkampf
Da fällt ein tiefes „bu bu buuuuu huuu“ gewaltig auf! Das menschliche Auge sucht rundum vergebens eine mächtigen Stier oder zumindest einen großen knurrenden Hund als Quelle der Laute, die Straußendamen indes sehen ganz woanders hin – ans andere Ende des Geheges nämlich, wo ein mächtiger Straußen-Bulle gerade einem jüngeren die Leviten liest. Auf Straußen-Art! Weit plustert er sein Gefieder auf, tritt den allzu mutigen mit langen Beinen ein, zweimal auf den Körper, bevor dieser lieber das Weite, also das andere Endes des Gatters, sucht. Warum die Damen interessiert waren? Der Laut wird sowohl beim Austragen von Rangstreitigkeiten, als auch bei der Balz ausgestoßen. Aha. Deshalb!
Der Unterlegene steckt übrigens trotz nach wie vor vorhandener Bedrohung durch das Alpha-Tier nicht den Kopf in den Sand, wie es eine alte Redensart besagt. Davonlaufen ist eigentlich die bessere Strategie, denn Laufen kann der Strauß lang und schnell. Viel länger und schneller übrigens als beispielsweise ein Zebra. Erst wenn das nicht mehr hilft, legen sich Strauße oft auf den Boden und halten Hals und Kopf dabei gerade ausgestreckt. Aus der Ferne betrachtet, ist der flach am Boden liegende Hals nicht mehr zu sehen. Vielleicht kommt die Legende aus dieser Wahrnehmung?
Solche Geschichten werden auf der Straußenfarm Artestruz bei Campos erzählt. Und erlebt. Spannender ist natürlich der Vogel selbst. Den man berühren und betrachten kann. Was für eine unerwartete Attraktion auf Mallorca!
Ein tolles Erlebnis für die ganze Familie!
Fun Facts von der Straußenfarm Artestruz
Die circa 10.000 Vogelarten, die es heute weltweit gibt, gehen alle auf den gleichen Vorfahren zurück, den Theropodendinosaurier. Strauße sind die am wenigsten entwickelten Vögel, es gibt sie seit etwa 75 Millionen Jahren.