Das Kamel: Lastenträger, Nutztier – und Geheimnisträger

Das Kamel ist aus dem Alltag und dem Straßenbild Rajasthans nicht wegzudenken. Sogar auf den Autobahnen traben sie mit schwer beladenen Lastkarren im Schlepptau den heißen und staubigen Asphalt entlang. In Rajasthan gibt es mehr als 80.000 Kamele, das sind etwa 70 Prozent aller Kamele Indiens. Diese anmutigen Tiere sind seit Jahrhunderten ein integraler Bestandteil der rajasthanischen Kultur und spielen eine bedeutende Rolle im täglichen Leben der Menschen in der Region. Doch warum schauen die Tiere nur immer so hochmütig nach oben?

Die Antwort auf diese Frage erhalten wir im benachbarten Bundesstaat Uttar Pradesh. Wir sind unterwegs mit Dilip, er zeigt uns das Taj Mahal in Agra. Vor dem Sarkophag von Mumtaz Mahal bleibt er stehen. Auf dem Marmorblock sind arabische Zeichen eingemeisselt. Dilip erzählt: „Allah hat 99 verschiedene Namen, die wir Menschen kennen. Keiner von uns kennt jedoch alle Namen. Als der Prophet Mohammed die Namen Allahs verkündete, beugte er sich am Ende vor und flüsterte den 100. Namen in das Ohr des Kamels. Seitdem ist es das einzige Tier auf Erden, das alle 100 Namen Allahs kennt. Und deswegen hat es auch so einen langen Hals und reckt den Kopf so hochmütig nach oben.“

Kamel in Rajasthan

Verbindung zwischen Mensch und Kamel

Die Verbindung zwischen den Menschen in Rajasthan und ihren Kamelen geht weit über die offensichtliche Nutzung als Transportmittel hinaus. Kamele sind in den farbenfrohen Festivals und traditionellen Veranstaltungen der Region präsent, wo sie oft geschmückt und in kunstvollen Prozessionen präsentiert werden. Die lokale Bevölkerung schätzt die Tiere nicht nur für ihre Robustheit, sondern auch für ihre Milch, Wolle und sogar ihr Fleisch, das in einigen Teilen Rajasthans als Delikatesse gilt.

Nach wie vor spielt das Kamel in Rajasthan im Alltag eine zentrale Rolle, nicht nur als Arbeits- und Transporttier, sondern auch als Symbol für Stolz, Anmut und die reiche kulturelle Erbe der Region. Die Würde und Erhabenheit, die diese Tiere ausstrahlen, machen sie zu einem unvergesslichen Teil der Reiseerlebnisse in diesem faszinierenden Land.

Dialog mit einem Kamel

Kurze Zeit später befinden wir uns auf dem Weg nach Jaipur. Vor einer der zahlreichen Mautstellen entlang der Straße überholen wir einen indischen Bauern mit seinem Kamel. Es hat einen gemächlichen, wiegenden Gang. Geduldig und leicht müde zieht es den Holzkarren mit dem Bauern hinter sich her, auf dem Wagen türmen sich Zuckerrohrstäbe. Ich drehe mich um, schaue dem Kamel in seine sanftmütigen, braunen Augen. Und da! Es zwinkert mir verschwörerisch zu, reckt den Hals nach oben und fällt in einen leichten Trab…

Ich schaue ich ihm nach und sehe nun in jedem Kamel, das ich auf den Straßen Rajasthans sehe, eine majestätische Kreatur, die eine reiche Geschichte und eine tiefe spirituelle Bedeutung in sich trägt. Ich fühle mich geehrt, Zeuge dieser Verbindung zwischen Mensch und Tier zu sein und nehme mir vor, ihre Geschichte und Bedeutung weiterzutragen.

In diesem Moment wird mir klar, dass es im Leben nicht nur darum geht, unsere Aufgaben zu erfüllen, sondern auch darum, eine Verbindung zu schaffen und Dankbarkeit für die Wunder und Geheimnisse des Universums zu empfinden. Die Kamele Rajasthans zeigen uns dies auf ihre eigene stolze und hochmütige Weise – eine Erinnerung, die ich nie vergessen werde.

Impressionen von unserer Reise durch Indien, hier Jaipur:


Text:jb

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